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“Wir sind Kirche”: Pro Ethik?

"Lebensgestaltung-Ethik-Religion ...

… als verpflichtendes Unterrichtsfach für alle an allen Schulen“ wird seit langem auch vom Humanistischen Verband NRW gefordert. Auch einzelne Parteien und Persönlichkeiten bringen das Thema ins Gespräch, denn seit Jahren gehen die Ansichten in der Bevölkerung mehr und mehr in die säkulare Richtung.

Im Dezember 2016 wurde eine Schrift von Dr. Norbert Scholl mit genau diesem Titel bekannt. Der Autor ist u.a. Professor für kath. Theologie gewesen. Der Verein „Wir sind Kirche e.V.“ fungiert als Herausgeber seiner Schrift. Aber was genau ist mit dem o.g. Postulat gemeint?

Der Autor beschreibt zunächst die Genese des Religionsunterrichtes (RU) an deutschen Schulen und spart auch die Definition des Bundesverfassungsgericht von 1974 nicht aus. Die bezog sich auf den „Bekenntnisinhalt, nämlich die Glaubenssätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Diese als bestehende Wahrheiten zu vermitteln, ist seine Aufgabe.“ Auf kurzen Begriff gebracht, könnte man von Mission sprechen. Dr. Scholl formuliert den wichtigen Hinweis nur als Frage, was vielen offenkundig erscheint: „Religionsunterricht [ist] ein Entgegenkommen des Staates gegenüber den christlichen Kirchen, der ihnen das Sonderrecht einräumt, an der staatlichen Institution Schule religiöse ‚Wahrheiten‘ zu vermitteln“ und das auf den Boden des gültigen Reichskonkordats. (S. 13)

Mit den anschließenden Ausführungen werden die Würde des Menschen, Platon, Kant und Habermas bemüht und damit der Teppich ausbreitet für eine Ansage des Münchener Kardinals Reinhard Marx. Dieser hat tatsächlich Ende 2016 die „Möglichkeiten einer erweiterten Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht in gemischt-konfessionellen Lerngruppen“ erörtert. (S. 43) Selbst Michael Schmidt-Salomon, der Sprecher der atheistischen „Giordano-Bruno-Stiftung“, muss mit einem verkürztem Zitat herhalten: „Schüler dürften nicht ‚religiös ghettoisiert‘ werden“. (S. 44) Wer wollte da nicht zustimmen.

Dr. Scholl (Wir sind Kirche) hat sicher das Ergebnis der YouGov-Umfrage mitbekommen, nach der „69 Prozent der Befragten eine Abschaffung des Religionsunterrichts auch an den deutschen Schulen“ befürworteten. Aber er lässt sich nicht irritieren und fragt (sich), wer den umgebauten Religionsunterricht erteilen soll. (S. 44)

Die weiteren Überlegungen verdeutlichen, wo der Hase hinlaufen soll: „Überblickswissen über Christentum und Islam“ und „Studiengänge müssten von einem gemischten Gremium aus Staat, Hochschule und Religionsgemeinschaften festgelegt werden“. (S. 45) Säkulare Organisationen werden geflissentlich übergangen.

Ganz am Schluss der Schrift findet sich die Auflösung in Kurzfassung: „Für die Kirchen wird es infolge abnehmender Schülerzahlen zunehmend schwieriger katholische und evangelische Lerngruppen parallel einzurichten. … [Daher] spricht sich der Religionspädagoge Norbert Scholl für ein verpflichtendes Unterrichtsfach ‚Lebensgestaltung-Ethik-Religion‘ für alle Schüler und Schülerinnen an allen Schulen aus. Dieses Fach könnte die Grundlage für ein gemeinsames ‚Wir-Gefühl‘ in der demokratischen Gesellschaft bilden und gleichzeitig die Gottesfrage in der säkularen Gesellschaft wachhalten oder wieder neu wecken“. (S. 48)

Also kurz gesagt, geht es um einen Konfessionen übergreifenden Religionsunterricht. Religionsfreie Schüler/innen werden stillschweigend ausgegrenzt. Da erscheint doch die Abkürzung „LER“ für das Gemeinte irreführend. Die Bezeichnung in umgekehrter Buchstabenfolge wäre ehrlicher: „REL“.


Die Schrift ist in der „Gelben Reihe“ bei Wir sind Kirche e.V. erschienen und hier zu finden

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